Mittwoch, 1. Dezember 2010

Advent

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Es ist Advent - wieder einmal. Ankunft heißt dieses Wort. Ankunft? Wieso Ankunft? Wer oder was kommt an?

Leider ist es so, dass in unserer aufgeklärten glaubensfernen Welt vielen Menschen die Bedeutung nicht bekannt ist. Für sie bedeutet Advent einfach vier Wochen vor Weihnachten. Vier Wochen in der es Weihnachtsmärkte, Weihnachtsfeiern, Weihnachtsstress, Adventsnachmittage im Kreise der Familie u.a. gibt.

Ein Erlebnis beim Besuch einer alten Dame im Altenheim machte mich sehr nachdenklich. Sie erzählte mir, wie sie jedes Jahr ihre Weihnachtskrippe aufbaut. Ja und da gab es dann auch einen jungen Pfleger, der sich sehr daran freute. Und dann kam die Frage nach der Bedeutung eben dieser. Sie war sichtlich betroffen. Lange hatte es sie bewegt. Immerhin waren bereits mehrere Wochen vergangen, der Frühling stand kurz vor der Tür, als ich bei ihr war.


Wer oder was nun kommt an? Ja, klar für uns - alle Jahre wieder warten wir auf das Christkind. Am Heiligen Abend wird dieses Warten belohnt. Denn in der Heiligen Nacht vom 24. zum 25. Dezember feiern wir die Geburt unseres Herrn Jesus Christus.

Ein schöner Brauch entstand dadurch. Das Jesuskind wurde in der Nacht seiner Geburt reich beschenkt - mit Gold, Weihrauch, Myrrhe. Auch unsere Kinder heute werden in der Regel reich beschenkt. Allerdings würden sie wohl merkwürdig dreinschauen, wenn diese Gaben unter dem Weihnachtsbaum liegen würden.

Aber das beste Geschenk ist wohl Jesus selbst. Denn er ist unser Mittler zum Vater. Durch ihn haben wir die Möglichkeit, nach unserem irdischen Ende nach Hause gehen zu dürfen. Durch Jesus haben wir Gewissheit. Sofern wir diese geschenkte Gnade annehmen. Wann wir diese annehmen, ist dabei unerheblich. Ich mein, um so eher - desto besser. Aber auch noch am Ende unseres Lebens können wir dieses in Gottes Hände legen. - Aber immer wieder lege ich die Betonung auf "Der Heilige Geist weht wo und wann er will!" Meine damit, wir können nur darum bitten, erzwingen ... erkaufen ... erarbeiten können wir Gottes Geschenk nicht.

Zum Schluß noch eine kleine bedeutsame Geschichte - vergessen wir nicht und denken gerade in der Adventszeit an all die traurigen kleinen Seelchen ... und erzählen wir sie auch unseren Kindern. Denn Barmherzigkeit müssen wir unseren Kindern vorleben. Das ist die einfachste und wirksamste Art ...

Ich wünsche allen Lesenden eine gesegnete Adventszeit!

Das kleine Mädchen mit den Schwefelhölzchen

Es war entsetzlich kalt; es schneite und war beinahe schon ganz dunkel und Abend, der letzte Abend des Jahres.

In dieser Kälte und Finsternis ging auf der Straße ein kleines, armes Mädchen, mit bloßem Kopfe und nackten Füßen. Als sie das Haus verließ, hatte sie freilich Pantoffeln angehabt. Aber was half das? Es waren sehr große Pantoffeln gewesen, die ihre Mutter bisher benutzt hatte, so groß waren sie. Die Kleine aber verlor dieselben, als sie über die Straße weghuschte, weil zwei Wagen schrecklich schnell vorüberrollten. Der eine Pantoffel war nicht wiederzufinden, den anderen hatte ein Junge erwischt und lief damit fort.

Er meinte, er könne ihn recht gut als Wiege benutzen, wenn er selbst erst Kinder hätte.

Da ging nun das kleine Mädchen mit den kleinen, nackten Füßen, die ganz rot und blau vor Kälte waren. In einer alten Schürze trug sie eine Menge Schwefelhölzer und ein Bund davon in der Hand. Niemand hatte den ganzen langen Tag ihr etwas abgekauft. Niemand ihr einen Pfennig geschenkt.

Zitternd vor Kälte und Hunger schlich sie einher, ein Bild des Jammers, die arme Kleine!

Die Schneeflocken bedeckten ihr langes, blondes Haar, welches in schönen Locken um den Hals fiel; aber daran dachte sie nun freilich nicht.

Aus allen Fenstern glänzten die Lichter, und es roch ganz herrlich nach Gänsebraten: Es war ja Silvesterabend. Ja, daran dachte sie!

In einem Winkel, von zwei Häusern gebildet, von denen das eine etwas mehr vorsprang als das andere, setzte sie sich hin und kauerte sich zusammen. Die kleinen Füße hatte sie an sich gezogen; aber es fror sie noch mehr, und nach Hause zu gehen wagte sie nicht: Sie hatte ja keine Schwefelhölzchen verkauft und brachte keinen Pfennig Geld.

Von ihrem Vater würde sie gewiss Schläge bekommen, und zu Hause war es auch kalt; über sich hatten sie nur das Dach, durch welches der Wind pfiff, wenn auch die größten Spalten mit Stroh und Lumpen zugestopft waren.

Ihre kleinen Hände waren beinahe vor Kälte erstarrt.

Ach! Ein Schwefelhölzchen konnte ihr gar wohltun, wenn sie nur ein einziges aus dem Bunde herausziehen, es an die Wand streichen und sich die Finger erwärmen dürfte.

Sie zog eines heraus. Rrscht! wie sprühte, wie brannte es! Es war eine warme, helle Flamme, wie ein Lichtchen, als sie die Hände darüber hielt; es war ein wunderbares Lichtchen! Es schien wirklich dem kleinen Mädchen, als säße sie vor einem großen, eisernen Ofen mit polierten Messingfüßen und einem messingenen Aufsatz. Das Feuer brannte so gesegnet, es wärmte so schön. Die Kleine streckte schon die Füße aus, um auch diese zu wärmen; – doch — da erlosch das Flämmchen, der Ofen verschwand, sie hatte nur die kleinen Überreste des abgebrannten Schwefelhölzchens in der Hand.

Ein zweites wurde an der Wand abgestrichen; es leuchtete, und wo der Schein auf die Mauer fiel, wurde diese durchsichtig wie ein Schleier. Sie konnte in das Zimmer hineinsehen.

Auf dem Tische war ein schneeweißes Tischtuch ausgebreitet, darauf stand glänzendes Porzellangeschirr, und herrlich dampfte die gebratene Gans, mit Äpfeln und getrockneten Pflaumen gefüllt. Und was noch prächtiger anzusehen war: Die Gans hüpfte von der Schüssel herunter und wackelte auf dem Fußboden, Messer und Gabel in der Brust, bis zu dem armen Mädchen hin.

Da erlosch das Schwefelhölzchen, und es blieb nur die dicke, feuchtkalte Mauer zurück.

Sie zündete noch ein Hölzchen an. Da saß sie nun unter dem herrlichen Christbaume; er war noch größer und geputzter als der, den sie durch die Glastür bei dem reichen Kaufmanne gesehen hatte.

Tausende von Lichterchen brannten auf den grünen Zweigen, und bunte Bilder, wie sie an Schaufenstern zu sehen waren, blickten auf sie herab. Die Kleine drehte ihre Hände danach aus. Da erlosch das Schwefelhölzchen.

Die Weihnachtslichter stiegen höher und höher; sie sah sie jetzt als Sterne am Himmel; einer davon fiel herunter und bildete einen langen Feuerstreifen.

»Jetzt stirbt jemand!« dachte das kleine Mädchen, denn ihre alte Großmutter, die einzige, die sie lieb gehabt hatte, und die jetzt gestorben war, hatte ihr erzählt, dass, wenn ein Stern herunterfällt, eine Seele zu Gott emporsteigt.

Sie strich wieder ein Hölzchen an der Mauer ab, es wurde wieder hell, und in dem Glänze stand die alte Großmutter so klar und schimmernd, so mild und liebevoll.

»Großmutter!« rief die Kleine. »O! Nimm mich mit! Ich weiß, du entfernst dich, wenn das Schwefelhölzchen erlischt. Du verschwindest, wie der warme Ofen, wie der herrliche Gänsebraten und der große, prächtige Weihnachtsbaum!«

Und sie strich schnell das ganze Bund Schwefelhölzchen, denn sie wollte die Großmutter recht festhalten.

Und die Schwefelhölzchen leuchteten mit einem solchen Glänze, dass es heller wurde, als mitten am Tage. Die Großmutter war nie früher so schön, so groß gewesen. Sie nahm das kleine Mädchen auf ihre Arme, und beide flogen in Glanz und Freude so hoch, so hoch; und dort oben war weder Kälte, noch Hunger, noch Angst – sie waren bei Gott.

Aber im Winkel an die Mauer gelehnt, saß in der kalten Morgenstunde das arme Mädchen mit roten Backen und mit lächelndem Munde – erfroren an des alten Jahres letztem Abend.

Die Neujahrssonne ging auf über der kleinen Leiche.

Starr saß das Kind dort mit den Schwefelhölzchen, von denen ein Bund abgebrannt war.

»Sie hat sich erwärmen wollen!« sagte man.

Niemand ahnte, was sie Schönes gesehen hatte, in welchem Glänze sie mit der Großmutter zur Neujahrsfreude eingegangen war.


Hans Christian Andersen

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