Deutsche Bundeskanzler wurden gehasst und geliebt (Willy Brandt widerfuhr beides zu gleichen Teilen), kühl verachtet (wie der leutselige Altnazi Kurt Georg Kiesinger) oder achselzuckend ausgesessen, wie der späte Helmut Kohl. Über ihr Tun und Trachten wurde gestritten und polemisiert; ihre mutmaßlichen Motive und Ziele boten Stoff für Leitartikler und Zeitgeistauguren. Mancher, wie der gerade verstorbene Helmut Schmidt, wurde von den Radikalen der eigenen Partei stärker angegiftet als von der Opposition. Aber niemals hat jemand geargwöhnt, eine Figur, die qua Charisma oder durch die Laune eines Wahlausgangs oder wegen innerparteilicher Rochaden es an die ausführende Spitze der Industrienation Deutschland geschafft hatte, sei regelrecht verrückt geworden. Verrückt im Sinne von nicht zurechnungsfähig, vulgo plemplem. Dass der oberste Verweser der Republik unbemerkt einen Dachschaden erlitten haben könnte und fortan in seiner eigenen Wunschwelt hauste, die mit der real existierenden nichts mehr gemein hatte, das galt als unvorstellbar.
Es ändert sich gerade, so peu à peu.
Spätestens seit ihrem Auftritt bei „Anne Will“ vor einem Monat, den die FAZ treffend als „Séance“ beschrieb, als spiritistische Sitzung also, werden auch in der veröffentlichten Meinung erste Zweifel angemeldet, ob Merkel noch ganz bei sich ist. Und zwar in bürgerlichen Kreisen, die mit AfD, Pegida et al. nicht das Geringste am Hut haben. „Hat die Kanzlerin einen Plan?“ heißt es immer öfter.
Das ist natürlich eine rhetorische Frage, die sich mit jedem Chaos-Tag mehr erledigt. Sie klingt wie jene Falle, die Psychologen stellen, wenn sie Kandidaten beim Idiotentest aufs Glatteis locken („Sie geben an, keinen Alkohol mehr zu trinken?“), wohl wissend, dass der Haartest das exakte Gegenteil bewiesen hat. Jeder Journalist, der zwei und zwei zusammenzählen kann, weiß ja, dass es keinen Plan und kein Halten geben kann, wenn einer der großzügigsten Sozialstaaten der Welt seine Grenzen abschafft.
Bei Merkels faktisch längst gescheiterter „Energiewende“ hatten ihr viele Beobachter noch rationale Motive unterstellt, rational in der Bedeutung von Gerissenheit. Den Rot-Grünen das Wasser abzugraben, indem sie eines von deren Lieblingsprojekten („Atomkraft? Nein Danke!“) kaperte, erschien machtpolitisch logisch, wie viele andere Schritte, die Union nach links zu versetzen und so auf ewig an den Tröpfen zu halten. Tatsächlich spielten die Wähler mit. Merkels Popularität stieg und stieg. Aber Landschaften sinnlos zu verspargeln und sie mit den dafür benötigten Stromtrassen zusätzlich zu verschandeln, ist die eine Sache. Das geschieht relativ langsam. Und nur Experten fällt auf, wie dämlich das ganze Projekt ist.
Eine andere Sache war, Knall auf Fall und ungeprüft Millionen Menschen per ordre de Mutti ins Land zu schleusen. Ohne gesetzliche Grundlage, ohne Volksbefragung. Weniger Demokratie wagen ist natürlich auch eine Strategie. Aber die funktioniert diesmal nicht.
Wird interessant sein zu beobachten, wer sich als erster voll aus der Deckung traut und die echte, die eigentliche Frage stellt. Die nach Merkels mentalem Zustand. Noch hält die mediale Welcome-Front auf weiten Abschnitten. Aber sie wackelt. Zwar schicken „Zeit“ „Süddeutsche“ oder „Tagesspiegel“ immer neue Schwadroneure ins Feld, um das Lagebild zu verkleistern oder hinter Nebenkriegsschauplätzen wie den Pegida-Demos zu verstecken.
Doch wie lange kann der private, weithin notleidende Mediensektor es sich leisten, gegen die immer konkreter werdenden Erfahrungen seiner Kundschaft anzuschreiben? Nicht einmal die „Zeit“, der es wirtschaftlich vergleichsweise noch Gold geht, dürfte eine Desinformationskampagne wie die zur „Flüchtlingsfrage“ ad infinitum durchstehen können, ohne dass es ihr irgendwann schwer an die Abos geht.
Am wichtigsten Abschnitt der aktuellen Medienfront ist es freilich ganz wurscht, was der Mediennutzer denkt, fühlt und täglich erlebt. Ob die Zuschauer sich noch zähneknirschend der Rassistenkeule beugen oder bei Claus Kleber einfach abschalten, kann den von Zwangsgebühren Alimentierten egal sein. „Wer weiß, wo Angela Merkel wäre, gäbe es den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht“, schreibt der FAZ-Medienredakteur Michael Hanfeld, der das Flächenbombardement an Schönrednerei, sorgsam ausgewählten Bildern von dankbaren Flüchtlingsfamilien und Durchhalteparolen durchlitten hat:
„Diejenigen, die unter der Folgenlast der kopflosen Politik der Bundeskanzlerin ächzen und beinahe zusammenbrechen, kommen im öffentlich-rechtlichen Fernsehen zwar auch vor – aber stets in der Rolle von Querulanten. Oder sie geraten gleich in den Verdacht, mit ihren Einwendungen den Fremdenfeinden und Rechtsextremen in die Hände zu spielen. Am Ende sieht es so aus, als gäbe es das Problem, von dem die bayerische Staatsregierung, der Tübinger Oberbürgermeister Palmer, Kommunalpolitiker im ganzen Bundesgebiet, Polizei und Hilfsdienste sprechen, gar nicht.“
Ganz exklusiv on the air sind die Öffis allerdings nicht. Auf dem Nachrichtenkanal N24 lief neulich ein Film von Stefan Aust, der wie eine 45-minütige Gegendarstellung zur permanenten großen bunten Flüchtlingsshow von ARD und ZDF wirkte. Was würde geschehen, liefen ähnliche Reportagen aus der Hauptabteilung Wirklichkeit auch nur einmal pro Woche auf einem der Staatsender?
Merkel wäre nicht mehr lange zu halten, vermute ich.
Leider bin ich kein Historiker. Weiß daher nicht, wie oft es womöglich schon vorgekommen ist, dass sich ein Parlament seines Vorstehers oder seiner Vorsteherin entledigt hat, weil ernste Zweifel an der geistigen Frische dieser Person aufkamen. Mir fällt nur der Fall Ludwig II ein. Der unglücksselige „Märchenkönig“ wurde 1886 von der Regierung entmündigt, weil sein Baugrößenwahn Bayern zu ruinieren drohte.
Bereits 1873 sprach „er schon selbst von geistigem Herausleben aus der unerträglichen Gegenwart“, so ein Historiker.
Immerhin hinterließ Ludwig II seinem Land ein paar schöne Schlösser. Die haben sich seither als Touristenattraktionen mehr als amortisiert. Wenn Lady Gaga II abtritt, hinterlässt sie uns nur einen Berg von finanziellen Verpflichtungen und ein Land in latentem Ausnahmezustand. Ob sich auch das dereinst mal rechnen wird? Ich empfehle, am Eingang zum Bundeskanzleramt den betagten Bürospruch aufzuhängen, den wohl ein bräsiger Beamtenarsch ersonnen hat: „Unmögliches wird sofort erledigt, Wunder dauern etwas länger“.
Stefan Austs Film hier.
Und die Hintergrund-Story hier.
Wolfgang Röhl
Achse des Guten
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