Samstag, 12. März 2016

Frische Fahnen

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 Idomeni



Ein Bild soll ja mehr sagen als tausend Worte. Was also will uns dieses Bild sagen? 

Die Frage beantwortet vielleicht am besten die Bildunterschrift: „Menschen schwenken im Flüchtlingslager in Idomeni an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien eine Deutschlandfahne und rufen dabei ‚Mama Merkel‘.“

 Wir sind also in Indomeni an der geschlossenen griechisch-mazedonischen Grenze, dort wo 13000 Asylsuchende und Zuwanderer, die längst schon in Deutschland sein wollten, in einem wilden Zeltlager am Grenzzaun hausen, in einem Lager, das gerade im Schlamm versinkt. Und in diesem Elend, das wir auch an jedem Abend in den Nachrichten sehen können, passiert nach dem Bericht eines deutschen Agenturjournalisten genau das, was auch schon die Bildunterschrift versprochen hatte: „Am Vortag hatten rund 200 verzweifelte Flüchtlinge ihre Sympathie für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ausgedrückt. Die Menschen riefen ‚Mama Merkel!‘ und hielten eine deutsche Fahne hoch, wie ein Fotoreporter der Nachrichtenagentur dpa beobachtete.“[1]

Wie praktisch, dass der moderne Flüchtling, der – wie wir allenthalben lesen und hören können – gerade noch sein Leben aus Krieg und Verfolgung retten konnte, immer eine frische deutsche Fahne dabei hat, falls er an einer geschlossenen Grenze die deutsche Kanzlerin zur Hilfe rufen muss, damit sie ihm den Weg nach Deutschland ebnet.

Ob auf der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer oder im Schlamm von Idomeni – wer nach Deutschland will, achtet offenbar darauf, dass die deutsche Fahne, die ihn über tausende Kilometer begleitet hat, sauber und unbenutzt bleibt. Auf dem Bild sieht sie wie neu aus, wie gerade frisch ausgepackt. Das ist doch bemerkenswert, oder?

Wir wollen dem dpa-Kollegen natürlich nicht unterstellen, dass er den Flüchtlingen die deutsche Fahne einfach mitgebracht hatte, um die anrührende Geschichte nebst Bild liefern zu können. Das konnten sich sicher auch die Redakteure nicht vorstellen, die das Bild in ihre Zeitungen brachten. Sonst wären sie ja misstrauisch geworden und hätten sich vielleicht gefragt, seit wann nagelneue deutsche Fahnen zur Standardausstattung von Flüchtlingen gehören, deren weiteres Hab und Gut gerade im Schlamm versinkt. 


Aber wenn man Vertrauen in solch eine ehrwürdige Institution wie die dpa hat, dann verbietet sich eine solche Frage. Würde man einen solchen Verdacht äußern, könnte man sich zudem in die Nähe solcher Hetzer begeben, die in einem solchen Fall immer gleich von „Lügenpresse“ reden. Statt sich zu freuen, welche künftigen deutschen Patrioten da Einlass begehren.





Sichtplatz
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