Patienten sollen Politikfehler ausbaden
Drohende Beitragserhöhungen wegen Masseneinwanderung und EZB-Niedrigzinspolitik
Die Gesetzlichen Krankenkassen haben im
vergangenen Jahr ein Defizit in Milliardenhöhe eingefahren. Für 2015
beläuft sich das Minus auf insgesamt 1,14 Milliarden Euro. Das geht aus
dem vorläufigen Finanzergebnis 2015 hervor, welches das
Bundesgesundheitsministerium vor Kurzem veröffentlichte.
Auf den ersten Blick scheint dieses Resultat nicht besorgniserregendzu sein, weil die Kassen in den vergangenen Jahren immense Rücklagen gebildet haben. Ihre Gesamtreserve betrug zum Jahreswechsel 24,5 Milliarden Euro.
Das Negativ-Ergebnis
führt die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) vor allem darauf zurück,
dass sie die Versicherten durch niedrige Zusatzbeiträge im vergangenen
Jahr entlastet habe. Dafür sind bei einigen Kassen die Grundtarife
angehoben worden. Dass viele Kassen ihren Zusatzbeitrag im Jahr 2015 im
Vergleich zum Sonderbeitrag aus dem Jahr 2014 abgesenkt hätten, zeige,
dass der Wettbewerb zwischen den Kassen um niedrige Zusatzbeiträge
funktioniere, teilt das Gesundheitsministerium mit.
Doch innerhalb
der GKV kommt seit Wochen eine Debatte in Gang, welche die
Bundesregierung am liebsten abwürgen würde. Hinter den Kulissen tobt
eine Auseinandersetzung zwischen den Kassen und dem Finanzministerium
darüber, wer für die gesundheitliche Versorgung von Asylsuchern
aufkommen muss. Die Regelung sieht derzeit wie folgt aus: Nach der
Ankunft in einer Erstaufnahmeeinrichtung zahlen die Länder die erste
„gesundheitliche Statuserfassung“ und mögliche Impfungen. In den ersten
15 Monaten zahlen dann die Kommunen die Behandlungskosten für Zuwanderer
an die Krankenkassen. Einige Bundesländer haben mittlerweile eine
Gesundheitskarte eingeführt. „Mit dieser kann der Asylbewerber bei einer
akuten Erkrankung direkt einen Arzt aufsuchen und muss nicht zunächst
zur Gemeinde, um sich einen Behandlungsschein ausstellen zu lassen“,
erklärte ein Sprecher der AOK Nordwest gegenüber dem „Focus“. Dies
verringere den Verwaltungsaufwand, die GKV erhalte hierfür eine
Bearbeitungspauschale.
Nach 15 Monaten Aufenthalt in der
Bundesrepublik haben Immigranten, deren Asylantrag bewilligt wurde,
genauso wie Hartz-IV-Empfänger Anspruch auf eine Mitgliedschaft in der
gesetzlichen Krankenversicherung. Ab diesem Moment ist der Bund für die
Erstattung zuständig. Pro Person zahlt der Bund pauschal 90 Euro pro
Monat an die Krankenkassen. Doch dieser Beitrag deckt die Kosten nicht,
die diese im Gesundheitssystem verursachen.
Und durch die weit mehr als
eine Million Einwanderer im Jahr 2015 verschärfe sich die Lage, heißt es
aus Versicherungskreisen. „Pro 100000 Asylsucher entsteht so in der
gesetzlichen Krankenversicherung ein Defizit von 120 Millionen Euro im
Jahr“, schreibt die „Frankfurter Rundschau“. Bis zum Jahr 2017 könne das
Defizit auf eine Milliarde Euro anwachsen. Weil Zuwanderer auf
absehbare Zeit wenig in die gesetzlichen Krankenkassen einzahlen werden,
fordert Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery von der Bundesregierung
einen Steuerzuschuss. Er kritisiert, dass der Staat für
Hartz-IV-Empfänger, zu denen anfangs sicher viele Immigranten gehören
werden, zu wenig an die gesetzlichen Krankenkassen überweise. „Hier muss
man nachbessern, nicht nur weil Asylsucher dazukommen.“
Ein
Schlüssel zur Lösung liegt in der Hand von Bundesfinanzminister Wolfgang
Schäuble. Um die Löcher zu stopfen, könnte er den Steuerzuschuss für
die Gesetzliche Krankenversicherung deutlich erhöhen. Derzeit überweist
er 14 Milliarden Euro im Jahr, 2017 sind bisher 14,5 Milliarden Euro
eingeplant. Schäuble gilt generell als Gegner dieses Zuschusses, eine
Steigerung lehnt er kategorisch ab, da er immer noch von der „schwarzen
Null“ im Bundeshaushalt träumt. Aus dem Gesundheitsministerium kommt nun
allerdings Widerspruch. Werde die Zahlung des Bundes nicht erhöht, dann
drohten 2017 „zusatzbeitragsrelevante Mehrbelastungen“, heißt es in
einem internen Papier. Händeringend wird nun nach einem Kompromiss
gesucht.
Eine Diskussion darüber, ob die Kassenbeiträge aufgrund der Flüchtlingskrise kurz vor der Bundestagswahl steigen, gilt als Super-Gau.
Doch nicht nur die GKV plagt sich mit düsteren
Zukunftsaussichten, auch die Privaten ächzen unter den Folgen der
aktuellen politischen Lage. Seit der Chef der Europäischen Zentralbank
(EZB), Mario Draghi, die Zinsen niedrig hält, erwirtschaften viele
Versicherer mit ihren Kapitalanlagen weniger als kalkuliert. Sinkt der
Rechnungszins, muss die Lücke über Beitragserhöhungen gefüllt werden.
Bei der DKV, Deutschlands zweitgrößtem privaten Krankenversicherer,
steigen die Tarife zum April teilweise um bis zu 130 Euro im Monat.
„Alleine die niedrigen Zinsen führen zu einer Beitragssteigerung von
drei bis fünf Prozent“, erklärte ein DKV-Sprecher gegenüber der
Tageszeitung „Die Welt“. Das Blatt konstatiert, dass die „Wucht der
Zinspolitik“ nun beim Bürger ankommt. „Mussten Sparer oder
Lebensversicherer bisher mit ansehen, dass ihr Erspartes etwas geringer
ausfällt, hatte dies eher etwas Virtuelles. Nun sind aber konkret
Hunderttausende von zum Teil rapiden Mehrkosten betroffen“, schreibt die
Zeitung. Die Probleme sollen zum Teil allerdings auch hausgemacht sein.
Viele Anbieter hätten junge Leute mit Billig-Tarifen geworben, die sie
nun nicht mehr erfüllen könnten, heißt es bei der Kölner Rating-Agentur
Assekurata.
Peter Entinger
Preussische Allgemeine
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