Das Gesindel,
das Pack wählt zurück
48 Stunden nach den Landtagswahlen in Baden-Württemberg,
Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt könnte man annehmen, die Gemüter
hätten sich abgekühlt. Und es wird politisch, demokratisch sachlich,
gestritten. Um die Zukunft.
Doch weder die Medien, noch die Politik haben sich von dem Schock
erholt. Da werden Zahlen gedreht, gebeugt und missdeutet, bis dem
Mathematiker schlecht wird. Aussagen getätigt, abgeschwächt,
zurückgenommen und notfalls in Fremdsprachen artikuliert.
Da sitzt eine Schriftstellerin bei „hart aber fair“ in der ARD, einen
Tag nach der Wahl, und erzählt im Zusammenhang etwas mit Bashing;
Gabrielbashing, SPDbashing – und keinem fällt es auf. Politiker, in der
selben Diskussionsrunde erzählen viel und sagen noch weniger als sonst.
Ausser vielleicht, dass es Konsens statt Einheitsbrei gab. Im Vorfeld
der Wahlen, im Flüchtlingsdebakel und überhaupt. […]
Demokratie passt nur, solange die Mächtigen die Demokratie in der Hand haben. Und keiner fragt die wirklich interessanten Fragen.
Nicht einmal Plasberg. Und doch erkannte die Redaktion Plasbergs eines:
Es war keine Angstwahl und nicht nur eine Protestwelle, die der AfD zu
Spitzenwerten verhalf.
Das Paradoxe an der Demokratie ist, sie besteht aus Demokraten. Und
hat Monarchisten, diktatorisch denkende Mitbürger, Nicht-Demokraten und
Demokratie-Gegner wie Anarchisten nicht nur auszuhalten, sondern zu
berücksichtigen.
Statt
auf die Grundwerte er Demokratie zu schauen, sich dies bewußt zu
machen, erhalten Plasbergzuschauer die Lösung des Debakels: Einerseits
gab und gibt es keine echte Opposition mehr in Ländern und Bund.
Andererseits waren die Landtagswahlen Personenwahlen. So erklärt man
sich das Abstrafen der Parteien und das Punkten von Dreyer und
Kretschmann.
Doch ist das alles? Nein, denn alles bleibt, wie es war.
Die Schlagzeilen erinnern an jene, als die Grünen erst Landtags-,
dann Bundestagsmandate einholte. Auch damals sah man den Parteienstaat
beeinträchtigt, einen Rutsch – und schnell war man bei der Erfahrung der
Weimarer Republik, als inhaltslose Rhetorikkeule, angelangt. Als die
PDS, heute Linke, als Protestpartei verschrien wurde, schlugen die
medialen Führungspersonen selbiges um die Ohren der Wähler. Der Wähler
sei eben dumm, die Aufwertung erfolgt heute mit Gesindel, Pack und
Mischpoke. […]
Während sich die Linke, als Verlierer in West wie Ost, zurückhielt,
ihre Wahlniederlage nicht als Sieg feiern wollte und plötzlich ruhigere
Töne anschlug; sahen Vertreter der Grünen ihre Chance. Auch oder gerade
weil sie ebenso Verlierer waren und sind. Mit 5 Prozentpunkte plus 0,X
kann man kein Gewinner sein.
Wer die Elefantenrunde auf ZDF am Wahlsonntag miterlebte, fühlte sich in die Kindergartenzeit zurückversetzt. Gegenseitige Schuldzuschiebung,
bei der sogar die Linke mitmachte. Einzig CSU-Soldat Söder erinnerte
daran, dass man die Linke, wie die AfD, nicht dem demokratischen
Spektrum von CDU/CSU und SPD einordnet. Das das der Vertreter der Linken
nicht verstand, ist seiner Ideologie geschuldet. Immerhin zählt man die
Weiterführung der Kommunistischen Plattformen, also die B’90/Die
Grünen, zur politischen Mitte des Einheitsbreis.
Das genau hier der Fehler liegt, wurde aber keinem Vertreter bewusst.
Immerhin setzt sich Demokratie aus verschiedenen Strömungen zusammen.
Und nicht aus einer dominierenden Regierung, die Oppositionsarbeit
unmöglich macht.
Und als man sich auf die AfD einschoss, übersah man den eigentlichen Wahlsieger. Die FDP.
Still und heimlich kehrten die Freien Demokraten zurück.
Mit ein
bisschen AfD, ein bisschen CDU/SPD, ein bisschen Grün im Programm. Und
mit dem bisschen GrünSPDCDU werden dort alte Machtphantasien wieder
wach. Der Fehler der FDP wäre, ich nun als Handlanger für
Regierungsvariationen zu verdingen. Vielleicht erinnert sich die Basis
heute daran, wie die Einheitsfront Deutschlands die Freien wie eine
heisse Kartoffel fallen liessen. Opposition dürfte das einzige sein, was
Lindner wirklich gut tun würde. Doch wer vertraut schon den
blau-gelben, wenn es um Geld und Macht geht…?
Die AfD hingegen will keiner. Man will sie, und darin hat
Sachsen-Anhalt Erfahrung, ins Leere laufen lassen. Doch ob es bei einer
Partei, die ein Viertel an Sitzen einnimmt, so funktioniert, wie ehedem
mit der DVU?
Apropos DVU.
Wie wäre der Aufschrei gewesen, hätte es die AfD nicht gegeben. Es
hätten nicht gleich 25% der Wähler NPD und die Rechte oder gar den III.
Weg gewählt. Wer aber sachlich die Analyse liest, der kann durchaus auf
10% für jene Parteien kommen. Wäre das der Einheitsfront lieber gewesen?
Ja! Die hätte man mit rechtsextrem, Verbotsantrag und anderen
Nazikeulen aussondieren können. Doch die AfD ist eben nicht NPD, eben
nicht Petry, eben nicht Höcke. Wer bei „hart aber fair“ den AfD-Mann
Meuthen erlebte, versteht die Ängste der CDU. Mit Meuthen wäre sogar
eine Abwahl von Merkel möglich. Denn niemand hat bisher einen
Kanzlerersatz. Wer will Gabriel – oder noch extremer den jetzigen
Europa-SPDLer Schulz – auf dem Merkelstuhl? Wer will Göring-Eckardt, wer
Özdemir oder Klöckner, von der Leyen? Eben! Da ist Merkel alternativlos
– bis zu Meuthen!
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