26.06.16
Deutsche immer dabei
Wie wir uns per Schuldbekenntnis mit Erdogan versöhnen, was uns anders macht, und warum wir kein Geld mehr haben
Der Wochenrückblick mit Hans Heckel
Die Lage ist schrecklich verfahren. Die türkische Führung tobt nun schon seit Wochen wegen der Armenier-Resolution des Bundestages, Präsident Erdogan will sich gar nicht mehr beruhigen. Türken mit deutscher Staatsbürgerschaft sind dermaßen beleidigt, dass sie eine eigene Partei gründen wollen.
Letzteres ist ein besonders tiefer Schlag, denn dieser Schritt könnte Rot und Grün um die Früchte ihrer jahrzehntelangen Bemühungen bringen, die im Jahr 2000 in der Konfetti-leichten Gewährung doppelter Staatsbürgerschaften gipfelten. Das geschah in der Erwartung, dass die ansonsten eher stockkonservativ gepolten Deutschtürken aus Dankbarkeit Rot oder Grün wählen, was sie in ihrer großen Mehrheit bislang auch brav taten. Wenn diese Leute jetzt einen eigenen Laden aufmachen – wozu dann all der Aufwand?
Abgesehen davon beantwortet die Parteigründung eine Frage, die zu stellen das Multikulti-Lager am liebsten verbieten würde. Nämlich: Wie „deutsch“ sind diese Neu- und Doppelpassbürger eigentlich wirklich? Von links wurde uns vorgeschwärmt, dass sie, zumindest in der zweiten Generation und sobald sie den deutschen Pass in der Tasche hätten, zu loyalen Bürgern unseres Landes reiften und keineswegs mehr „Fremde“ seien.
Warten wir’s ab, lautete der kleinliche Einwand von rechts: Das werde sich erst erweisen, wenn deren frühere Heimat mit Deutschland in Konflikt gerate und sich die Neubürger entscheiden müssten, auf welcher Seite sie stehen. Hinsichtlich der Parteigründer ist diese Frage geklärt.
Das hilft uns aber auch nicht viel weiter. Es kann doch nicht ewig so weitergehen, dass sich Türken und Deutsche gegenseitig an den Ohren ziehen wegen des Armenier-Genozids. Wir müssen irgendeinen Modus Vivendi finden, schließlich wollen wir doch miteinander auskommen.
Ein Autoren-Trio der „Frankfurter Allgemeinen“ hat eine Lösung gefunden, die so neudeutsch ist, wie sie nur sein kann: Deutsche Historiker sollten sich der „deutschen Mitverantwortung“ an dem Massenmord „stärker als bisher zuwenden“. Dieser Aspekt sei „ein genuin deutsches Problem, dessen Bearbeitung einiges zur internationalen Entspannung und zur mentalen Abrüstung in Deutschland und in der Türkei beitragen kann“, so die drei Weisen.
Die „deutsche Mitverantwortung“ für den Armenier-Mord gleicht jener der US-Amerikaner und Briten für Stalins Gulag in der Zeit ihres Bündnisses von 1941 bis 1947. Ob die Angelsachsen das wohl schon bearbeitet haben? Nichts bekannt. Uns ist überdies völlig entgangen, wo und wie Deutschland „mental aufgerüstet“ hat, was im Gegenzug also „abzurüsten“ wäre. Poltern tut allein die Türkei, bei uns gibt es bloß diese Resolution. Sollen die Abgeordneten die etwa wieder zurücknehmen?
Nein, nein, das wollen die Autoren gewiss nicht. Sie sagen das mit dem „Abrüsten“ nur, um die Türkei und Deutschland zunächst auf die gleiche Stufe zu bugsieren, damit sie sogleich die neudeutsche Wunderwaffe im Ringen um jedwede verlogene Völkerverständigung zücken können: das deutsche Schuldbekenntnis!
Das ist das Besondere an uns. In anderen Ländern fühlen sich die Leute selbst dann noch ihren eigenen Toten verpflichtet, wenn diese in Schandtaten verwickelt waren. Daher versuchen sie, deren Treiben zumindest zu erklären: Das war eine ganz andere Zeit, die Menschen waren enormem Druck ausgesetzt und konnten sich ihre Epoche ja nicht aussuchen, viel besser waren die anderen auch nicht und so weiter.
Da sind wir aus anderem Holz, Gnade wird unseren Vorfahren nicht gewährt, selbst wenn, wie im Fall der Armenier, gar keine Deutschen beteiligt waren. So musste erst ein in England lehrender australischer Historiker kommen, um uns vor ein paar Jahren die weltbewegende Neuigkeit zu verraten, dass Deutschland doch nicht der Hauptschuldige am Ersten Weltkrieg war. Von allein wären wir da nie drauf gekommen. Schon allein deshalb, weil wir nach einer derart irritierenden Entdeckung gar nicht gesucht hätten. So reagierte das akademische, politische und mediale Deutschland auf Christopher Clarks Griff in unsere Schuldkiste überwiegend zurückhaltend, teilweise sogar konsterniert. Oder man ignorierte den frechen Kerl einfach und verkroch sich in den gewohnten Gewissheiten unter der Überschrift: „Deutschland, das im 20. Jahrhundert zwei Weltkriege angezettelt hat.“
Mit einem neueren Dreh schaffen wir es mittlerweile, deutsche Schuld selbst für Taten zu entlarven, bei denen die Deutschen weder als Täter noch als Verbündete der Täter aufgetreten sind. Ganz im Sinne der internationalen Konkurrenz haben die Schuldfinder die deutsche Waffenindustrie als neuesten teutonischen Massenmörder aufgetan.
Frage: Wenn jemand mit einem Gewehr ermordet wurde, wer steht dann vor Gericht: der Mörder oder der Büchsenmacher? Kann man den Büchsenmacher dafür bestrafen, dass sein Werk für ein Verbrechen verwendet wurde? Natürlich nicht, Gewehre dienen ja auch dem Schutz von Menschen. Dass nicht Waffen töten, sondern Menschen, sieht jeder ein – es sei denn, auf der Waffe prangt ein deutsches Firmenlogo.
Dabei bedarf es gar keiner modernen Waffen, um einen Völkermord zu begehen. Beim schlimmsten Genozid der jüngsten Zeit, dem in Ruanda 1994, schlachteten die Hutu ihre Opfer vom Stamm der Tutsi mit simplen Macheten ab. Einem Gerät, das gewöhnlicherweise für die Feldarbeit benutzt wird.
Dennoch nicht auszudenken, was deutsche Schuldfinder aufgeführt hätten, wenn herausgekommen wäre, dass die Bundesrepublik in den 80er Jahren als Entwicklungshilfe eine moderne Macheten-Schmiede in das ostafrikanische Land geliefert hätte. Wenn wir lange genug suchen, kommt irgendwann an jedem Kriegsschauplatz irgendein verrosteter Karabiner aus germanischer Produktion zum Vorschein. Oder ein Messer aus Solingen, oder die Täter fahren auf alten deutschen Lastwagen umher oder pflegen ihr hässliches Gesicht mit hessischen Rasierapparaten. Was auch immer.
Und wozu soll das Gewese dienen? Erst einmal, weil sich die Ankläger dadurch besser fühlen – den anderen Deutschen moralisch überlegen. Ganz aktuell muss man den Deutschen überdies erklären, warum ausgerechnet sie die meisten Syrer unter allen EU-Ländern aufnehmen sollen. Nämlich weil in Syrien Krieg ist, weil Kriege mit Waffen geführt werden und Deutschland Waffen exportiert: schuldig!
Zuguter Letzt geht es natürlich auch um Geld. Geld, das wir im Grunde gar nicht haben. Der Soziologe Gunnar Heinsohn rechnet vor, dass allein die minderjährigen Zuwanderer und Flüchtlinge binnen zehn Jahren 70 Milliarden Euro kosten werden. Das sei eine interessante Summe, denn gerade erst habe die Politik die dringend notwendige Breitbandverkabelung der Bundesrepublik auf Eis gelegt. Die sei zwar technisch unbedingt nötig für ein Land, das wettbewerbsfähig bleiben wolle, aber leider unbezahlbar teuer, so die Argumentation aus Berlin, Kostenpunkt: 70 Milliarden Euro.
Gleichzeitig greift Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe in den Gesundheitsfonds, die eiserne Reserve des deutschen Gesundheitssystems, um 1,5 Milliarden Euro für die Versorgung von Zuwanderern und Flüchtlingen abzuzweigen. Bremen meldet, dass es kein Geld mehr habe für die Rettung seiner taumelnden Landesbank, weil die „Flüchtlinge“ so viel kosteten.
Angesichts solcher Nachrichten ist es dringend angeraten, eine deutsche Schuld am Krieg in Syrien und dem Irak, an der Korruption in Eritrea oder egal was in Nigeria und Gambia und wo nicht überall herbeizubasteln. Denn nur so werden wir die Deutschen dazu bewegen, ihre Infrastruktur verrotten oder ihre Gesundheitskasse plündern zu lassen, um das Geld anderen zu geben.
Preussische Allgemeine
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