Montag, 13. Januar 2014

Christus als „Armer“ und „Flüchtling“ – Politisch korrekte Verbiegung des Evangeliums

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von Francesco Colafemmina
(Florenz) Mir ist nicht wirklich klar, warum das politische Programm des Vatikans in Sachen illegale Einwanderung den Glauben der europäischen Katholiken fördern sollte. Noch schwerer fällt es mir, zu verstehen, warum diese offensichtliche Einmischung des Vatikans in die Sozialpolitik Italiens und Europas bei den Politikern große und ausschweifende Zustimmung findet, denselben Politikern, die in Sachen Euthanasie, Abtreibung, Bürgerrechte wie Elternrecht, Familie sich bis vor einem Jahr noch jede Form von vatikanischer „Einmischung“ verbaten.

Warum soll Masseneinwanderung den Glauben der Europäer fördern?

Kommen wir also gleich zum Punkt. Arbeit – wie hoffentlich auch im Vatikan alle wissen – ist heute eine Mangelware. Die Zahl der Arbeitsplätze ist begrenzt im Vergleich zur verfügbaren Arbeitskraft. Das wird vor allem in Zeiten von Wirtschaftskrisen besonders sichtbar. Wenn wir also die humanitäre Position einnehmen, daß illegale Einwanderer aufzunehmen sind, also Männer und Frauen, die den Großteil ihres Besitzes verkauft haben, um meist illegal ihr Land zu verlassen und ebenso illegal bei uns einzuwandern und Wohlstand zu suchen, dann müssen wir auch akzeptieren, daß diese neue Arbeitslosen, den Konkurrenzkampf um die Mangelware „Arbeit“ verschärfen werden.
Marxistisch gedacht, vergrößern sie vor allem die ärmste Schicht der Gesellschaft, die sich in einem ständigen Überlebenskampf befindet. Zudem bedeuten sie für die gesamte Gesellschaft eine zusätzliche Soziallast. Mit dem Geld, das ein illegaler Einwanderer in Europa die Öffentlichkeit kostet, könnten mehrere wie er zu Hause ein sorgloses Leben führen, während er hier ein bescheidenes Auskommen hat und das zu Lasten der Allgemeinheit.

Auch Wohlstandsmigrant wird zum „Flüchtling“ uminterpretiert

Das alles ist das offensichtliche Ergebnis einer gänzlich fehlenden politischen Intelligenz der regierenden Politiker in unseren Ländern und in den Herkunftsländern der Einwanderer. Statt einer langfristigen Planung ergehen sich die Verantwortlichen in immer neuen Variationen ideologischen Phrasentums. Das neueste Lieblingswort lautet „Flüchtling“. Jeder Einwanderer wird implizit zum „Flüchtling“ erklärt, die Frage der Einwanderung damit zu einer humanitären Notlage und die Aufnahme ohne Wenn und Aber zu einer jeder Kritik entzogenen Nothilfemaßnahme.
Die Art, wie heute die Einwanderung, vor allem die illegale Einwanderung gefördert wird, ist einfach nur unvernünftig, wenn nicht noch weit schlimmeres. Es bedeutet vor allem den Menschenhandel zu fördern. Es bedeutet ebenso, unzähligen Männern und Frauen falsche Hoffnungen zu machen, Menschen, die einfach auf der Suche nach „Wohlstand“ und keineswegs immer auf der Flucht vor Hungersnot und Kriegen sind. Es bedeutet, diesbezüglich haben die alten und neuen Marxisten recht, und das erklärt auch deren Förderung dieser Wanderungsbewegungen, die Schicht der Armen, die bereits einen nicht unbeträchtlichen Teil des sozialen Szenarios in Europa bilden, zu vergrößern. Immerhin bedeuten die Neuankömmlinge durch ein eingespieltes Dienstleistungssystem für die linken Gewerkschaften und Parteien neue Mitglieder und Wählerstimmen. Dazu noch für ein üppig ausgebautes Netzwerk von Ausländervereinen, Dienststellen, Räten ein einträgliches Einkommen aus der öffentlichen Schatulle. Keine Einwanderer, keine Gelder. Die Förderung der Einwanderung ist für zahlreiche ideologisierte Europäer zu ihrer persönlichen Arbeitsplatzsicherung geworden.

Umbiegung des Evangeliums in ein Sozialmärchen

Noch diskutabler wird die Frage, wenn für diese Einwanderungsmaschinerie das Evangelium mißbraucht wird, um die Heilige Geschichte in ein modernes Sozialmärchen zu verwandeln. Der erste Schritt in diese Richtung erfolgte in der Heiligen Nacht1, als die Hirten auf dem Feld von Betlehem in „Ausgegrenzte“ und „die Armen“ zur Zeit Jesu umgedichtet wurden. Eine ebenso unzutreffende wie unpassende Umdeutung, so rhetorisch effizient sie auch sein mag. Die Hirten im Pälestina der Römerzeit waren gesellschaftlich anerkannt und spielten im Sozialgefüge eine wichtige Rolle. Sie lieferten mit den männlichen, einjährigen Lämmern die Opfergaben für das Pessachfest. Ihr Beruf war damit direkt mit dem Opferkult des Tempels verbunden und damit von anerkanntem Rang. Sie hatten im Jahr an die 30.000 Lämmer zu liefern. So sehr diese Tätigkeit auch nicht die Spitze der gesellschaftlichen Leiter darstellte, hatte der Hirte in der jüdischen Symbolik immer eine positive Konnotation. Er war ein effizientes Symbol für die charismatische Führungsrolle im Volk Israel. Auch aus diesem Grunde nennen wir noch heute jeden Priester einen Hirten und die Bischöfe Oberhirten und den Papst den Obersten Hirten.

Hirten von Betlehem waren weder „Arme“ noch „Ausgegrenzte“

Abgesehen davon wäre auch anzumerken, daß die Geburt Christi nicht nur den Hirten offenbart wurde (Offenbarung gegenüber den Juden), sondern auch den drei Weisen aus dem Osten (Offenbarung gegenüber den Heiden), die mit Sicherheit weder arm noch ausgegrenzt waren, wie ihre Aufnahme am Königshof des Herodes, ihre Geschenke und die gesamte Überlieferung belegen. Diese Sozialhermeneutik des Weihnachtsfestes raubt dem Evangelium von der Geburt des fleischgewordenen Gottes zwar nicht seine transzendentalen Dimension, läßt diese aber verblassen. Die Hirten wachen in der Nacht, sie wachen im Freien, verschließen sich nicht in Stadthäusern, sie verschließen ihre Herzen nicht der Ankündigung des Herrn, sie sind frei mit ihren Herden, sie sind weder die Sklaven von Personen noch von Dingen, sie sind freie, einfache Menschen, die sich vor der Ankündigung des Herrn nicht fürchten wie König Herodes „und mit ihm die ganze Stadt Jersualem“, wie das Evangelium berichtet.

Banalisierung der prophetisch-heilsgeschichtlichen Flucht nach Ägypten

Auf die verzerrende Sozialhermeneutik der Hirten folgte am 29. Dezember2 jene von Christus als „Flüchtling“, will im neuesten Sprachjargon sagen, als „Einwanderer“ in Ägypten. Auch hier wird das Evangelium wieder nach dem Bedürfnis rhetorischer Notwendigkeiten des Augenblicks verbogen. Zunächst einmal war die Flucht der Heiligen Familie nach Ägypten nur ein Provisorium und daher eine Form von Exil. Ganz anders stellt sich die Massenmigration unserer Tage dar, die in den allermeisten Fällen schlichtweg vor allem Wohlstandwünschen folgt und potentiell dauerhaft angelegt ist. Vor allem aber ist diese Flucht der Heiligen Familie von mächtigem symbolischen und prophetischen Inhalt: in ihr erfüllt sich die Prophezeiung des Hosea und läßt die Rückkehr Christi nach Palästina als neuen Exodus erkennen, der auf Golgota seine Vollendung findet.

Glaube als bloßer Sozialaktivismus bedeutet, die Mächtigen dieser Welt unterstützen

Das Christentum zu einem Märchen zur Rechtfertigung politisch-ideologisch-sozialer Phänomene und der Ausländerintegration zu reduzieren, bedeutet, die Ansprüche bestimmter Weltkreise zu unterstützen, die die Einwanderung als Brecheisen zur Zerstörung des ethnisch-kulturellen Netzes der europäischen Nationen und deren Werthaltungen zu mißbrauchen. Das alles mit dem Ziel, den Staat zum Garanten einer „Laizität“ zu machen, um statt eines Volkes mit gemeinsamer kultureller und religiöser Haltung, eine Bevölkerung zu haben, die in immer zahlreichere und kleinere Teile unterschiedlicher kultureller, religiöser, sozialer und ethischer Haltungen zerfällt. Eine beeindruckende Methode, um auch noch die Überreste christlicher Werthaltungen, die in unseren Gesellschaften vorhanden sind, zu beseitigen. Das Modell dafür scheint Frankreich zu sein. Offensichtlich gehören zu diesem Weg in eine dröge Einheitszukunft auch die Verwässerung des Mysteriums und die Umwandlung des Heiligen in eine Sozialmoral dazu, die Reduzierung des Glaubens zu bloßem Sozialaktivismus.

Der Blick zum Himmel als bloße Spiegelung der Welt

In dieser Perspektive wird der Blick zum Himmel zur bloßen Spiegelung der Erde, ohne Ausgang, ohne Fluchtweg. Es bedeutet auch, die gesunde, wenn auch oft triste Realität durch eine Gutmenschen-Ideologie zu ersetzen, die dialektisch auf Applaus und Zustimmung aus ist.
Es ist wahr, daß man nicht Christ sein kann, ohne den Glauben auch zu praktizieren, angefangen vom sonntäglichen Besuch der Heiligen Messe, ohne die Caritas, die Nächstenliebe. Es ist aber ebenso wahr, daß man auch ohne Christus Philantrop sein kann. Und darin liegt heute die Versuchung für viele Christen, deren Glauben mehr wackelt als ihr philantropischer Aktivismus. Wenn aber letzterer die Oberhand über den Glauben gewinnt, endet er damit, jede Abirrung von der göttlichen Ordnung zu rechtfertigen, jede Abweichung von der Moraltheologie, vom Lehramt der Kirche und das alles im Namen der Menschenfreundlichkeit. Christus aber wird zu einem bloßen Markenzeichen umgewandelt, in eine Art pathetische brand unseres chaotischen Daseins.



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1 Kommentar:

Stefan Wehmeier hat gesagt…

"Wo Liebe ist und Weisheit, da ist weder Furcht noch Ungewissheit; wo Geduld und Demut, weder Zorn noch Aufregung; wo Armut und Freude, nicht Habsucht und Geiz; wo Ruhe und Besinnung, nicht Zerstreuung noch Haltlosigkeit."

Franz von Assisi (1181 - 1226)

Seit den ersten Anfängen der Kulturentwicklung vor 5 bis 10 Jahrtausenden ist die Menschheit in Herrscher und Beherrschte unterteilt; also in solche, die andere ausbeuten, ohne zu wissen, was Gerechtigkeit ist, und in solche, die ausgebeutet werden, ohne zu wissen, was Ungerechtigkeit ist. Wer berechtigterweise ein Problem damit hat, wird in "dieser Welt" nicht nur arm, sondern bettelarm – und entscheidet sich für eine Existenz als Bettelmönch, denn: "…lieber will noch der Mensch das Nichts wollen, als nicht wollen…" (Zitat: Friedrich Nietzsche). Sehr wahrscheinlich war auch Jesus in materieller Hinsicht ein armer Mensch; das heißt aber nicht, dass er "Solidarität mit den Armen" gepredigt hat, wie es so genannte "Befreiungstheologen" bis heute glauben:

Macht oder Konkurrenz