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Zahltag:
Der deutsche Steuerzahler soll die EU zusammenhalten
Die neue EU-Welt nach dem Brexit wird nun seit Freitag von
den EU-Granden in wohlklingenden Worten vor den Kontinentaleuropäern
ausgebreitet. Neben allen schlimmen Szenarien, die zeigen sollen, wie
sehr die Briten sich, uns und der Welt mit ihrer Entscheidung geschadet
haben, verbreiten die EU-Eliten „Jetzt erst recht“- Durchhalteparolen.
Noch enger sollen „wir“ zusammenrücken und all das tun, was die Briten
gerade abgewählt haben.
Und natürlich beschäftigt sich jeder Kommentator mit der Frage: „Was
bedeutet das für uns?". Interessanterweise bedeutet „uns“ dann aber
nicht die ach so solidarische Rest-Gemeinschaft in der Kontinental-EU,
sondern die Bevölkerung des eigenen Landes. Das Wort „Volk“ vermeiden
viele der Besorgten lieber. Vielleicht nicht nur, um den Verdacht
„völkischer“ Gesinnung zu vermeiden, sondern auch, weil es so unangenehm
an Volksabstimmungen erinnert.
Wollen wir nun auch mal hören, was es für „uns“ nun bedeutet? Wer
sollte das besser wissen als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude
Juncker. Und wo könnte er dem deutschen Volke besser mitteilen, was nun
seine europäische Pflicht ist, als in der „Bild“-Zeitung:
Und was hat er uns zu sagen? Deutschland werde „eine zentrale, wenn
nicht sogar eine noch wichtigere Rolle in der Europäischen Union
spielen“.
Deutschland wird eine zentrale Rolle in der EU spielen – als Nettozahler
Das ist jetzt nicht so besonders erfrischend, aber stimmt. Man könnte
es nur ein wenig deutlicher formulieren: Wenn ein Staat, der wichtiger
Nettozahler in den EU-Haushalt war, austritt und dessen Steuerbürger
sich nicht mehr an der Finanzierung des Brüsseler Apparats beteiligen
müssen, dann wird es natürlich umso wichtiger, dass der größte
Nettozahler nicht nur seine Pflicht weiter erfüllt, sondern auch
eventuelle Finanzierungslücken schließt.
Zumal die neue Nach-Brexit-EU nach dem Willen ihrer Politiker mehr
Ausgleichszahlungen und mehr EU-Investitionen in den
Nettoempfängerländern realisieren möchte. Auch deutsche Politiker
kündigen an, mit ganzem finanziellen Einsatz, die Rest-EU vor dem
Zerbröseln bewahren zu wollen. Der SPD-Vorsitzende und derzeitige
Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel fand es wichtig,
dass „wir“ als Reaktion auf den Brexit nun Wege finden müssen, „wie
unsere Investitionen in die Zukunft Europas – gemeinsam mit anderen –
die Lage der Menschen verbessern können“. Mit Geld kann man ja
vielleicht wenigstens in den Empfängerländern der EU etwaige
Austrittsgedanken erfolgreich zurückdrängen.
Und was ist mit den Nettozahlern, ohne die die EU leider nicht
funktionieren kann? Zwar gibt es keinen Grund, ein deutsches Abweichen
vom blauen Sternenbanner zu befürchten, doch was ist mit den immer
erfolgreicheren renitenten Bewegungen beispielsweise in Österreich, den
Niederlanden oder in Schweden? Wird denen nun mit einem klaren
Reformprogramm und einer Demokratisierung der EU etwas Wind aus den
Segeln genommen? Nein, das kommt in der Gedankenwelt der
Spitzenvertreter des EU-Apparats nicht vor. Jean-Claude Juncker will mit
seinen Kollegen lieber überlegen, „wie wir besser auf die Sorgen der
Menschen in Europa eingehen und populistischen Bewegungen mit vereinten
Kräften und entschieden entgegenwirken können“.
Der deutsche Steuerzahler soll die EU zusammenhalten
Die Versuche der Politiker vom Schlage Juncker „populistischen
Bewegungen“ entgegenzuwirken, haben bislang allerdings immer zur
weiteren Stärkung ebendieser Bewegungen geführt. Es ist nicht zu
erkennen, warum die künftigen derartigen Versuche erfolgreicher sein
könnten.
Die Zweifel an der gegenwärtigen EU bei der zahlenden Mitgliedschaft
werden auch nicht gerade dadurch gedämpft, dass neue potentielle
Zahlungsempfänger eine „Beitrittsperspektive“ eröffnet bekommen. Sicher
steht ein Beitritt Serbiens, Mazedoniens oder Montenegros nicht
unmittelbar vor der Tür, aber dass es in Zukunft noch mehr
Empfängerstaaten geben wird, ist dennoch so gut wie ausgemacht.
Selbst wenn es vorerst beim Brexit bleibt, die Brüsseler Aussichten
für die künftige EU bieten immerhin eine Gewissheit: Es wird weniger
Nettozahler und mehr Nettoempfänger geben. Was das für den deutschen
Steuerzahler bedeutet, ist unschwer zu erkennen. Doch die „europäische
Idee“ sollte uns das wert sein, denn das „Auseinanderdriften Europas“
darf man doch nicht zulassen, oder? Gegen dieses Argument ist eigentlich
kaum etwas einzuwenden, außer, dass die EU-Institutionen als Hüterin
der „europäischen Idee“ eine teure Fehlbesetzung sind.
Peter Grimm
Achse des Guten
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