Neue Partei mit Migrationshintergrund:
Da kommt Schwung auf
von Susanne Baumstark
Der Unternehmer Remzi Aru und der Rechtsanwalt Ramazan Akbaş werden Nägel mit Köpfen machen und ihre angekündigte Partei
auf die Beine stellen. Den letzten Ausschlag dafür gab laut Aru die
Armenienresolution im Bundestag.
Die Begründung für die Parteigründung
könnte indessen auch Deutsche ansprechen: Das Land entwickle sich „in
eine fatale Richtung“ und „Altparteien flüchten sich immer mehr in
Ideologie, weil ihre Distanz zum Normalbürger immer größer wird“, sagte
Aru gegenüber der Onlinezeitung Nex.
In einem Aufruf schrieb der Unternehmer, es würden hierzulande
„stalinistische Massenmörder und Verbrecher von Abgeordneten,
Journalisten und anderen Meinungsführern verteidigt und verherrlicht“.
Und außerdem: Etablierte Parteien benutzten Migranten nur als Stimmvieh
und brächten ansonsten keinerlei Empathie für sie auf.
Neben etlichen in Deutschland lebenden Türken zeigen sich bereits
Albaner, Bosnier, Marokkaner, Sinti und Roma, Aussiedler sowie andere
Zugewanderte an der Partei interessiert. Auch primär antisemitisch
motivierte Aktivisten scharren bereits mit den Hufen. Nex titelt:
„Palästinensische Gemeinde: ‚Wir werden Remzi Arus Partei
unterstützen‘".
In einem Leserkommentar dazu ist zu lesen, die
palästinensischen Gruppen in Deutschland müssten sich „an einen Tisch
setzen, nur so können wir gemeinsam der Welt zeigen, dass wir gegen den
Feind Israel als Macht sind“.
Interessante Neukonstellationen respektive Spaltungen im Parteiengefüge
Unter diesem Aspekt wäre die neue Partei optimale Anlaufstelle für
die ewigen Israelmobber aus dem linken Spektrum; allerdings richte sie
sich „gegen Extremismus von links und rechts“ sowie gegen
türkischstämmige Abgeordnete, die der Armenienresolution ihre Stimme
gaben; die sind auch in den dortigen Reihen anzutreffen. Außerdem dürfte
den Linken der Passus über die Verherrlichung „stalinistischer
Massenmörder“ einige Verdauungsprobleme bereiten.
Es könnten sich dennoch interessante Neukonstellationen respektive
Spaltungen ergeben, aus denen sich ablesen lässt, wer tatsächlich wie
vorrangig aufgestellt ist. Man darf auch gespannt sein, ob nach dem zu
erwartenden Senkrechtstart dieser Partei die Einwanderungspolitik von
links und grün immer noch so offenherzig daher kommt. Schließlich
könnten jene, die sie bisher verteidigten, zu Konkurrenten beim Kampf um
die Tröge im Bundestag werden.
Man hätte dann also mit der AfD gleich zwei Parteien, die es zu
bekämpfen gilt. Sollten allerdings die etablierten Parteien den neuen,
wohl mehrheitlich aus Einwanderern bestehenden Konkurrenten tatsächlich
bekämpfen, agierten sie dann in ihrer eigenen Logik rassistisch? In
mancher Hinsicht könnte die Angelegenheit noch heiter werden und
nebenbei hohle Argumentationsmuster entlarven. Mindestens aber wird sie
die Gemütlichkeit der bundestäglichen Großfamilie empfindlich stören.
Gestörte Gemütlichkeit der Bundestags-Großfamilie
Das Parteiprogramm in Kurzform
steht bereits im Netz. Es beginnt mit den Worten: „Wir stehen für ein
selbstbewusstes, traditionsbewusstes, aber auch weltoffenes,
multireligiöses und multinationales Deutschland, das einen gesunden
Patriotismus und Nationalstolz pflegt, statt von einem Extrem ins andere
zu fallen. Wir stehen für ein Deutschland, das eine konstruktive und
ausgleichende Rolle in der Welt spielt, statt anderen Ländern gegenüber
den Schulmeister herauszukehren.“ Man stehe außerdem „für ein Europa,
das sich auf seine elementarsten Kernaufgaben beschränkt“ und für die
Stärkung des „elterlichen Erziehungsrechts gegenüber politischen
Ideologen“; Frühsexualisierung in Kindergärten und Schulen habe zu
unterbleiben. Man wolle „ein Deutschland freier Menschen, freier Märkte
und freier Entfaltung der Potenziale“.
Soweit durchaus ansprechbar. Wären da bloß nicht die unselige Scharia
und der gepflegte Antisemitismus sowie ein gewisser, gar nicht in
Deutschland lebender Platzhirsch im Hintergrund. Schade eigentlich.
Gefährlich? Sollte die Neuaufstellung zu bedachterer
Einwanderungspolitik seitens der Altparteien führen – wenn auch nur um
lieb gewonnene Pfründe zu verteidigen – nicht unbedingt mehr als ein
Weiter so wie bisher. Morgen, am 26. Juni, soll es eine Pressekonferenz
zur Parteigründung geben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen