Montag, 27. Juni 2016

Und mit diesem wiederkommen!

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Es gibt keine Alternative zum Wähler

Das Erstarken der Populisten ist das Versagen der Politik. Die Brexit-Entscheidung der Briten ist dabei nur der letzte von zahlreichen Warnschüssen, die im etablierten Poltitikbetrieb offenbar niemand hören wollte oder konnte. Wo Populisten stark werden, ist die Politik nicht populär (genug). 

Demokratie hat keinen Numerus Clausus. Vor allem aber ist Demokratie kein Spiel, bei dem immer der Gute gewinnt. Die EU, gegen die die Brexit-Kampagneros nun erfolgreich zu Felde zogen, ist dabei eine Art Paradebeispiel, bei dem sich die politischen und vor allem auch die Wirtschaftseliten einig waren, dass es eine gute Sache sei. Wer das nicht begriff, wurde belächelt. Wer darauf hinwies, dass die Menschen in anderen Bezugsrahmen denken, sich nicht mit Binnenmärkten identifizieren, die Gängelung aus Brüssel aber sehr wohl registrierten, die Segnungen von dort aber nicht, der wurde rasch beiseite geschoben. Neue Beitrittskandidaten, Euro, Euro-Rettung - lieber nicht die Wähler mitreden lassen, könnte ja schiefgehen. 

Jetzt ist es schiefgegangen

Brexit, AfD, FPÖ-Gewinne, Trump-Aufstieg: All das ist mehr als eine politische Mückenplage. Hinter diesen Effekten verbirgt sich ein typischer Unten-Oben-Konflikt, allerdings ohne traditionelles Klassenkampf-Modell. In anderen Zeiten hätte das zu Revolutionen oder Aufständen geführt. All jene Bewegungen, bei denen wir in den Nachrichten die Einordnung „rechtspopulistisch“ dem dummen Konsumenten gleich mitliefern, mobilisieren aus dem Nichtwähler-Potenzial. Menschen, die das Mitwirken am politischen Prozess längst aufgegeben und resigniert haben, kehren zurück, weil jemand ihre Sprache spricht und vor allem, weil er das etablierte System frontal angreift.

Mit anderen Worten: Es sind Menschen, die mit dem alltäglichen Ringen um politische Sachkompromisse schon nicht mehr erreichbar sind, denen es egal ist, ob am EEG rechts oder links gefeilt wird oder wer sich bei der Erbschaftssteuerreform durchsetzt. Die Abwesenheit dieser Menschen im demokratischen System ist so lange nicht aufgefallen, wie sie sich im Nichtwählerlager aufhielten, denn die Prozentsätze der etablierten Parteien werden von den abgegebenen Stimmen berechnet, nicht von den theoretisch möglichen. Sobald sich jedoch eine Projektionsfläche in Gestalt einer neuen Partei, einer Volksabstimmung oder eines irgendwie neuen Kandidaten bietet, sind sie wieder da. Und schlagen zurück, bekämpfen ein System, dass glaubte, sich um sie nicht scheren zu müssen. Die Strategie der asymmetrischen Demobilisierung, die gerade darauf abzielt, mit politischen Ideen so zu jonglieren, dass immer die Gleichen regieren, ist ein Katalysator dieser Entwicklung.

Genau deshalb gilt es, die Alarmsignale endlich zu sehen und ernstzunehmen. Es gibt keine Alternative zum Wähler. Wird er von den großen Parteien nicht abgeholt, richtet er sich in eigenen Milieus (Pegida, AfD etc) ein, züchtet im Netz seine eigenen Wahrheiten, wartet auf eine Chance zum Eingreifen. 

Irgendwann kocht die Suppe über

Eine Europäische Union, die keiner versteht, lebensfremder Gender-Quark, Quotenregelungen für Aufsichtsräte oder Vorstände, bei denen die Eliten ihre Kontonummern austauschen, aber bei der Discounter-Kassiererin nichts besser wird, eine Flüchtlingspolitik, die Einheimische zu willenlosen Erduldern eines von oben geregelten Weltgeschicks degradiert, Metropolen-Eliten, die bei Buntheit und Lebensstil den Ton angeben, Denken in nationalen Bezügen als überwunden verachten, ein Bundestag ohne wirkliche Opposition, Medien, die sich im wesentlichen einig sind und mehr oder weniger als Einheitsfront mit der Politik gesehen werden... All das reichert sich untergründig an und bricht irgendwann aus. 

Wenn die Parteien verlorene Wähler zurückgewinnen wollen - und das müssen sie, wenn das demokratische System weiter funktionieren soll - muss auch der dumpfe, vermeintlich falsche oder gestrige Wähler erfahren, dass man ihm zuhört. Wenn es weiter darum geht, dass der Wähler sich hinter der Funktionärsdoktrin aufstellen oder sich zum Teufel scheren kann, wird er sich zum Teufel scheren. Und mit diesem wiederkommen. 

Der Vergleich des Historikers Paul Nolte mit dem Anfang der 30er Jahre klingt dramatisch, stimmt aber insofern, als es eine Art demokratisches Lotto-Spiel ist, welche Bewegung das Glück hat, aktiv zum Zuge zu kommen. Jetzt war es Brexit, demnächst vielleicht Le Pen? Wenn die Präsidentenwahl in Österreich tatsächlich wiederholt wird, könnte die FPÖ demnächst erstmals in die erste Reihe der aktiven Politik eintreten.


Ralf Schuler


Achse des Guten
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