Merkel, Gabriel und Steinmeier zeigen gesunden Menschenverstand
Dass nicht jedes Mitglied des Deutschen Bundestages bei
jeder namentlichen Abstimmung anwesend sein kann, liegt auf der Hand.
Dafür haben sie zu viel um die Ohren, Termine über Termine. Dass heute
bei der 173. Sitzung, anberaumt von 9 bis 22 Uhr, mit Kanzlerin Merkel,
ihrem Vize Gabriel und Außenminister Steinmeier gleich die ganze
Führungsriege der Bundesregierung schwänzte, ist gleichwohl ein Skandal.
Immerhin ging es unter unter TOP 5 um den Entschließungsantrag
„Erinnerung und Gedenken an den Völkermord an den Armeniern und anderen
christlichen Minderheiten in den Jahren 1915 und 1916“.
Natürlich haben auch die Drei von Regierungsbank auf andere
Verpflichtungen verwiesen. Die Kanzlerin traf sich mit Lobbyisten der
Naturwissenschaften, irgendwann später dann mit Nato-Generalsekretär
Jens-Stoltenberg. Gabriel sprach bei einer Veranstaltung zum „Tag der
Bauindustrie“. Steinmeier tat, was er immer tut, er setzte sich
rechtzeitig ab, diesmal nach Lateinamerika.
Dazu, dass es sich bei der Ermordung von 1,5 Millionen Christen in
Armenien durch die Jungtürken im Osmanischen Reich um einen „Völkermord“
handelte, wollte der Chefdiplomat kein Wort verlieren. Die anderen
Zwei wollten sich nicht festlegen; es könne sich durchaus um einen
„Genozid“ gehandelt haben, wobei es freilich Sache der Historiker sei,
darüber das letzte Wort zu sprechen.
Mit der Abgabe ihrer Stimme im Parlament Farbe zu bekennen vermieden
alle Drei. Weder bei der Bundeskanzlerin noch bei den beiden Ministern
reichte der Mut aus, für oder gegen den Entschließungsantrag zu
votieren. Einerseits fürchteten sie wohl den Zorn des Sultans, wenn sie
namentlich der Feststellung des Völkermords beipflichten würden. Erst
vor wenigen Tagen hatte Recep Tayyip Erdogan in einem Telefonat mit
Kanzlerin an „den gesunden Menschenverstand“ der Deutschen appelliert
und vor den (nicht nur diplomatischen) Folgen einer moralischen
Verurteilung seiner Nation gewarnt. Andererseits wollte das Merkel-Trio
auch nicht seinen Ruf als Verteidiger der Menschenrechte aufs Spiel
setzen, indem es gegen die parlamentarischen Verurteilung eines
Völkermordes stimmte, den die Deutschen ihren türkischen Verbündeten
schon seinerzeit großzügig nachgesehen haben.
Erdogan wird wissen, was er von diesem Lavieren zu halten hat. Mit
einer Regierung, die sich verkrümelt, sobald es ernst wird, kann er noch
viel leichter Schlitten fahren, als mit einer, die sich offen auf seine
Seite geschlagen hätte. Als gleichrangigen Partner muss er sie nicht
länger ernst nehmen, nicht einmal als Verbündete. Mit ihrem Wegducken
haben sich Merkel und ihre SPD-Gesellen als die kleinkarierten Seelen
offenbart, für die sie der Autokrat von Ankara schon länger halten mag.
Spätestens jetzt weiß er, dass er mit ihnen machen kann, was er will.
Auf seinen Respekt dürfen sie nicht länger zählen. Als Machtmensch kann
er sie nur noch verachten; und im Fall von Merkel, Gabriel und
Steinmeier könnte man ihm das kaum verübeln.
Wir wollen hier nicht in die Terminologie unser politischen
Rädelsführer verfallen und sagen, die drei Parlamentsschwänzer
seien „eine Schande für das Land“. Denn auf die Idee, dass sie
Deutschland zur Ehre gereichen könnten, wären wir ohnehin nie gekommen.
Mit Sicherheit aber stellen sie eine Gefahr für unsere Zukunft dar. Das
haben sie heute abermals unter Beweis gestellt.
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