Sonntag, 13. Januar 2013

Deutsche Bank verdiente mit Libor halbe Milliarde

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Allein im Jahr 2008 brachte die Spekulation mit dem Referenzzinssatz Libor der Deutschen Bank eine halbe Milliarde Euro ein. Wie andere Geldhäuser steht sie in Verdacht, Libor manipuliert zu haben. von


Seit Monaten steht ein schwerwiegender Verdacht gegen die Deutsche Bank im Raum: Zusammen mit anderen Geldhäusern soll sie den Referenzzinssatz Libor manipuliert haben. Während diese Untersuchungen weiter laufen, wird nun erstmals bekannt, wie einträglich Geschäfte im Zusammenhang mit solchen Zinsbewegungen für die Bank offenbar waren.

Mindestens 500 Millionen Euro soll das Institut allein im Jahr 2008 mit Wetten auf die Entwicklung des Libor und anderer Referenzzinsen verdient haben, wie aus internen Dokumenten der Bank hervorgeht, aus denen das "Wall Street Journal" zitiert.
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Zinssätze manipuliert

Im Libor-Skandal sollen Banken vor allem in den Jahren 2005 bis 2009 mehrere wichtige Zinssätze manipuliert haben. Eine Manipulation könnte vor allem deswegen attraktiv gewesen sein, weil bereits kleine Bewegungen der Zinsen erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben können. Wie groß der Hebel im Falle der Deutschen Bank war, zeigen die Unterlagen, die den ermittelnden US-Behörden übergeben wurden.

Demnach brachte im Herbst 2008 die Veränderung bestimmter Zinssätze um nur einen Basispunkt (0,01 Prozentpunkte) der Bank einen Profit von bis zu 68 Millionen Euro ein – oder aber einen entsprechend hohen Verlust im Falle einer Bewegung in die Gegenrichtung.
Der frühere Mitarbeiter, der den Behörden die Unterlagen verschafft hat, sieht einen unmittelbaren Zusammenhang zu den Manipulationsvorwürfen. Nach seiner Darstellung soll die Bank nur deshalb bereit gewesen sein, solche Risiken bei Zinsgeschäften einzugehen, weil sie davon ausging, die Entwicklung der fraglichen Referenzzinsen selbst beeinflussen zu können.
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Absicherung gegen Marktschwankungen

Dies weist die Bank als "kategorisch falsch" zurück. "Die Strategie beruhte auf einer Markteinschätzung über die wahrscheinliche Richtung von Zinssätzen und nicht auf einem Glauben, dass die Bank in unangemessener Weise Interbank-Zinssätze beeinflussen könnte", heißt es in einer Stellungnahme. Nach Darstellung der Bank handelte es sich auch nicht um spekulative Geschäfte, sondern um eine Absicherung gegen ungünstige Marktschwankungen.

"Diese Strategie, die ... von vielen im Markt genutzt wurde, streute und verringerte das Risiko des Bankportfolios auf dem Höhepunkt der Finanzkrise", erklärte die Bank weiter. Zur Höhe ihrer Gewinne aus Libor-Geschäften wollte sie sich nicht äußern.

Die Höhe der Gewinne sagt freilich nichts darüber aus, ob die Bank etwas Illegales getan hat. Doch die Prüfung der Manipulationsvorwürfe nähert sich offenbar ebenfalls ihrem Ende. Die Finanzaufsicht BaFin habe mit der Auswertung der ersten Erkenntnisse begonnen, sagten mehrere mit der Untersuchung vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters.
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Die Aufsicht ermittelt

"Bis Ende des ersten Quartals dürfte der Bericht fertig sein", hieß es. Die BaFin prüft seit dem Frühjahr 2012, ob und wie das größte deutsche Geldhaus in den Libor-Skandal verstrickt ist. Dabei arbeitet sie eng mit den Aufsichtsbehörden in Großbritannien, den USA und anderen Ländern zusammen.

Die BaFin versucht insbesondere herauszufinden, wie es bei der Deutschen Bank zu den mutmaßlichen Manipulationen des Zinssatzes gekommen ist. "Es geht darum sicherzustellen, dass es künftig nicht mehr passieren kann", sagte eine der Personen mit Kenntnissen von den Untersuchungen. Die Ergebnisse würden Vorstand und Aufsichtsrat vorgelegt.

Anders als die Regulierer in Großbritannien und den USA, die Banken in der Affäre bereits hohe Strafen aufgebrummt haben, kann die BaFin selbst nicht strafrechtlich aktiv werden. Hierfür sind in Deutschland Staatsanwälte zuständig. Sollte die Sonderprüfung aber strafrechtlich relevante Dinge aufdecken, werde die Staatsanwaltschaft eingeschaltet, heißt es. Die BaFin und die Bank äußerten sich nicht zum Stand.
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Ein Dutzend Großbanken im Verdacht

Weltweit stehen mehr als ein Dutzend Großbanken im Verdacht, in den vergangenen Jahren den Referenzsatz Libor zu ihren Gunsten manipuliert zu haben, um so Handelsgewinne einzustreichen. Der Libor beruht auf den von außen bislang kaum nachvollziehbaren Angaben der Institute zu ihren Refinanzierungskosten. Er wird einmal täglich in London ermittelt und ist die Basis für Milliarden-Finanzgeschäfte weltweit.

Die Schweizer UBS musste wegen ihrer Verwicklung in den Skandal bereits mehr als eine Milliarde Euro zahlen. Die britische Bank Barclays legte 450 Millionen Dollar auf den Tisch. Als nächstes wird bei der britischen Royal Bank of Scotland mit einem Vergleich gerechnet – in welcher Höhe, ist noch offen.

Bei der Deutschen Bank ist bislang nichts von Vergleichsverhandlungen bekannt. Hohe Gewinne mit den Zinsgeschäften könnten einen möglichen Vergleich allerdings für die Bank teurer machen. Eine interne Prüfung des Libor-Falls hat nach Bankangaben keine Erkenntnisse erbracht, dass Mitglieder des damaligen oder des heutigen Top-Managements Kenntnis davon hatten.
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Ermittlungen gegen Co-Chef der Bank

Die mutmaßlichen Händler-Tricksereien fielen in den Investmentbankingbereich, der bis Juni 2012 vom jetzigen Co-Bankchef Anshu Jain geleitet wurde. Hier hat die Bank auch noch mit zahlreichen weiteren Rechtsstreitigkeiten zu kämpfen, vor allem in den USA.

Unterdessen wurde bekannt, dass die Ermittlungen gegen Co-Chef Fitschen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung bereits länger laufen als gedacht. Gegen Fitschen werde bereits seit Ende August 2011 ermittelt, berichtete die "Süddeutsche Zeitung".

Bekannt wurden die Ermittlungen gegen Fitschen allerdings erst mit einer Razzia bei der Deutschen Bank im vergangenen Dezember. Offenbar zahlte die Deutsche Bank für das Geschäftsjahr 2009 knapp 155,5 Millionen Euro Umsatzsteuer zu wenig. Co-Vorstandschef Fitschen unterschrieb die entsprechende Steuererklärung ebenso wie Finanzvorstand Stefan Krause, gegen den die Staatsanwälte ebenfalls ermitteln.

Die Behörden gehen dem Verdacht der schweren Steuerhinterziehung, Geldwäsche und versuchten Strafvereitelung gegen insgesamt 25 Mitarbeiter der Deutschen Bank nach. Hintergrund sind mögliche Unregelmäßigkeiten im Handel mit Luftverschmutzungsrechten.




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