Dienstag, 8. Januar 2013

Islamistische Offensive bedroht Christen weltweit

Laut Weltverfolgungsindex 2013 wird es für Christen in vielen arabischen Länder und in Subsahara-Afrika immer gefährlicher. Auf Besitz einer Bibel steht in Nordkorea gar die Todesstrafe. 

Von Dietrich Alexander




Asirs Lebensweg war vorgezeichnet. Der Muslim aus Nordafrika sollte in einem pakistanischen Terroristencamp zum islamistischen Kämpfer ausgebildet werden, Sprengtechniken und Bombenbau erlernen, professionelles Töten Andersgläubiger. Kurz vor seiner Abreise jedoch kamen ihm Zweifel.

"Ich erkannte, dass es mehrere Versionen des Korans gab und manche Texte einander widersprachen", sagt Asir heute, vier Jahre später. Sein Imam konnte diese Widersprüche, die bereits ganze Generationen von islamischen Rechtsgelehrten beschäftigt haben, auch nicht zufriedenstellend erklären.

Asir war verunsichert, hinterfragte das Dogma seiner salafistischen Sozialisierung und seines fanatisch-religiösen Umfeldes. Schließlich zerriss er seinen Reisepass, um seine Ausreise unmöglich zu machen. In dieser Phase religiöser Desorientiertung traf Asir mit einem Christen zusammen, der ihm von Jesus erzählte.

Er suchte im Internet nach mehr Informationen über den fremden Glauben, rief die Nummer einer christlichen Hotline an und stieß auf einen christlichen Fernsehsender. "Ich begann, gemeinsam mit einem Pastor in der Bibel zu lesen. In gewisser Weise bin ich von einem Extrem ins andere gegangen", sagt Asir heute. Er konvertierte. In seinem Land ist das lebensgefährlich.

Auch Azni aus Tschetschenien ist Christin. Sie bezahlt dafür einen hohen Preis. Ihre Brüder wollen sie umbringen, um die Schande von ihrer Familie abzuwälzen. Ihr Mann bezeichnet die fast 40 Jahre alte Frau als Fluch für die Familie. "Ich wünsche mir so sehr, dass mein Mann Christ wird. Ich bin müde und habe Angst. Bitte, bete für mich, dass ich überlebe und durchhalte", sagte Azni zu einer Freundin.

Als ein Exemplar des Neuen Testaments in ihrem Zimmer gefunden wurde, versuchten die Mullahs (islamische Rechtslehrer) mit Koranversen die "bösen Geister" aus ihrem Körper zu vertreiben.

Salihas Heimat liegt im Norden Nigerias. Während der Süden des Landes überwiegend christlich geprägt ist, gilt hier das göttlich-islamische Recht, die Scharia. Die heute 20-jährige Saliha wuchs in einer christlichen Familie am Rande eines kleinen Dorfes auf. Ihre Kindheit war geprägt von Schule, Hausaufgaben, im Haushalt helfen, mit Freundinnen spielen. 
 
Jeden Sonntag ging die Familie zur Kirche. Das Leben war leicht, und Saliha war zufrieden. Doch eines Tages trat ihr Vater zum Islam über. Salihas Mutter verweigerte sich der Konversion. Am Ende warf ihr Mann sie mit der damals achtjährigen Saliha aus dem Haus. Das beendete aber nicht die Verfolgung der beiden. Der Vater fand Saliha und zwang sie unter den Schleier, sie musste eine Koranschule besuchen.

Eines Tages gelang ihr die Flucht. Heute lebt Saliha sicher in einer christlichen Institution, sie ist eine exzellente Schülerin. Sie muss jedoch weiter vorsichtig sein, denn ihr Vater sucht nach ihr. Und wie ein Damoklesschwert schwebt über ihr die Gefahr, mit einem Muslim zwangsverheiratet zu werden.

Drei Christen, drei Schicksale. Sie stehen symbolisch für die rund 100 Millionen Menschen, die nach Schätzungen des christlichen Hilfswerkes "Open Doors" weltweit wegen ihres christlichen Glaubens verfolgt werden. In dem gerade vorgelegten Weltverfolgungsindex 2013 der Organisation belegt das kommunistische Nordkorea zum elften Mal in Folge den unrühmlichen ersten Platz in der Rangliste von 50 Ländern mit der stärksten Christenverfolgung.
 
Zwischen 50.000 und 70.000 Christen seien in Arbeitslagern eingesperrt, berichtet "Open Doors", bereits der Besitz einer Bibel werde in der stalinistischen Diktatur mit der Todesstrafe oder Arbeitslager für die gesamte Familie bestraft. Ihren Glauben können die etwa 200.000 bis 400.000 Christen nur heimlich leben. Trotz harter Verfolgung gelingt es dem Regime jedoch nicht, die wachsenden Hauskirchennetzwerke im Untergrund auszulöschen.

Auf den Plätzen folgen islamische Länder wie Saudi-Arabien, Afghanistan, der Irak, Somalia, die Malediven, Mali, der Iran, der Jemen und Eritrea. Daran hat offenbar auch der Aufstand der arabischen Völker gegen ihre diktatorischen Herrscher kaum etwas geändert. Man kann nach den bisherigen Erkenntnissen wohl behaupten, dass die eine Autokratie nur durch eine andere ersetzt worden ist, was für die Christen in diesen Ländern keinerlei Verbesserung ihrer Situation bedeutet.

Apostasie, Glaubensabfall also, wird in den meisten islamischen Ländern nicht als private Entscheidung, sondern als Verbrechen gegen die Gemeinschaft interpretiert, als religiöse Fahnenflucht gewissermaßen. "Die Revolutionen und demokratische Wahlen wie in Ägypten haben islamistischen Gruppierungen wie den Muslimbrüdern und Salafisten als Trittbrett gedient, um an die Macht zu gelangen" sagt Markus Rode, Leiter von "Open Doors" in Deutschland. "Leider sehen wir derzeit kein Ende der länderübergreifenden Ausbreitung eines extremistischen Islam mit einer massiven Verfolgung und Vertreibung der christlichen Minderheit." 
 
Im anhaltenden Bürgerkrieg Syriens werden Christen zumeist von ausländischen Islamisten ins Visier genommen, die sich der Syrischen Befreiungsarmee angeschlossen haben. Das Land rückt im Index 2013 dadurch von Rang 36 vor auf Rang elf. Libyen verschlechtert sich von Platz 26 auf 17, Tunesien von 35 auf 30. Ägypten mit seiner bedeutenden christlichen Minderheit (Kopten) rangiert hingegen auf Platz 25 und konnte zehn Plätze "gutmachen".

Der jährlich erhobene Index nimmt in diesem Jahr erstmals die Länder in Subsahara-Afrika – Mali, Tansania, Kenia, Uganda und Niger auf –, weil sich dort die Lage für die christlichen Minderheiten dramatisch verschlechtert hat. In Mali eroberten militante Islamisten den Norden. Sie stehen dem islamistischen Terrornetzwerk al-Qaida nahe und sind Teil von dessen nordafrikanischem Ableger.

Eine islamistische Unterwanderung der Gesellschaft und damit korrespondierende gewaltsame Übergriffe auf Christen registriert "Open Doors" auch aus Tansania, Kenia, Uganda, Niger und Nigeria. 
 
Zu den diesjährigen "Gewinnern" gehört China. Das Riesenreich ist im neuen Index von Platz 21 auf 37 zurückgefallen, weil Hauskirchen – sofern sie sich an bestimmte Beschränkungen halten – ihre Gottesdienste in der Regel ungestört feiern können. Die Regierung unternehme allerdings verstärkte Anstrengungen, die Hausgemeindebewegung zu kontrollieren. Mindestens 100 Christen befinden sich wegen ihres Glaubens oder ihrer religiösen Aktivitäten im Gefängnis. Der Iran belegt Rang acht (vormals Platz fünf).

Usbekistan steht im aktuellen Weltverfolgungsindex auf Platz 16 (vormals sieben). Dass im Index einige wenige Länder zurückgefallen sind und sich damit verbessert zu haben scheinen, ist der Organisation zufolge allerdings nur dem Umstand geschuldet, dass sich die Lage in anderen Ländern zum Teil deutlich verschlechtert hat.

Wirklich verbessert hat sich die Lage der Christen "Open Doors" zufolge in Tschetschenien, Kuba, der Türkei, Weißrussland und Bangladesch, die im Index 2013 der 50 Christen-feindlichsten Staaten gar nicht mehr aufgeführt werden – was keineswegs heißt, dass diese Länder keine Christen mehr verfolgen würden. Sie sind lediglich nicht mehr unter den 50 schlimmsten.

Quelle: WeltOnline

 

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