Neuer Erdogan-Ärger: Türkei kritisiert Dresdner Konzertprojekt
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- Die Türkei hat von der EU verlangt, die finanzielle Unterstützung für ein Dresdner Konzertprojekt einzustellen
- Das Kunstprojekt der Dresdner Sinfoniker thematisiert den Genozid an den Armeniern
Die Debatte um Meinungsfreiheit und politische Beeinflussung der Türkei geht in die nächste Runde: Die Türkei hat auf EU-Ebene gegen das Konzertprojekt "Aghet“ der Dresdner Sinfoniker zum Genozid an den Armeniern vor 100 Jahren interveniert.
Der
Intendant der Sinfoniker, Markus Rindt, berichtete, der türkische
EU-Botschafter habe verlangt, dass die EU die finanzielle Förderung für
die internationale Produktion einstellt. Nach dem Skandal um die Satire-Beiträge von "extra3“ und "Neo Magazin Royale“ ist
es bereits der dritte Fall in kurzer Zeit, in dem die Türkei versucht,
direkten Einfluss auf die Meinungsbildung in Deutschland auszuüben.
EU-Kommission entfernt Informationen auf Website
Rindt
sprach von einem "Angriff auf die Meinungsfreiheit“. Das Projekt, das
im November 2015 in Berlin Premiere hatte und auch in Istanbul gastieren
soll, sieht er aber nicht in Gefahr. "Ich glaube nicht, dass unsere
Agentur einknickt.“ Die Exekutivagentur für Bildung, Audiovisuelles und
Kultur bei der EU-Kommission stehe hinter "Aghet", berichteten die
"Dresdner Neuesten Nachrichten".
Sie hat Rindt zufolge aber
insofern nachgegeben, als sie Informationen darüber auf ihrer
Internetseite entfernte. Rindt kritisierte: Es sei ein Warnsignal, dass
die türkische Regierung selbst vor Einflussnahme auf freie
Meinungsäußerung in Kunst und Kultur in Europa nicht zurückschrecke.
Es gab Bedenken wegen der Wortwahl
"Sie
wollten, dass niemand davon erfährt und dass die Begriffe Genozid und
Völkermord getilgt werden", sagte Rindt. Im Begleittext des Projektes
war an zwei Stellen von einem Völkermord die Rede, Für die Musiker
namhafter europäischer Orchester sei eine solche "Entschärfung" - wie
sie jetzt durchgesetzt wurde - inakzeptabel. "Man muss beim Namen
nennen, was es war", betonte der Orchester-Intendant. "Wir können nicht
drum herumreden, dass es um Völkermord geht."
Die Brüsseler
EU-Kommission bestätigte, dass der Text von der Website entfernt wurde.
Es habe Bedenken gegeben bezüglich der Wortwahl. Daher sei der Text
vorübergehend entfernt worden, um mit dem Vermarkter über neue
Formulierungen zu sprechen. "Eine neue Projektbeschreibung wird in den
nächsten Tagen veröffentlicht werden", versicherte eine Sprecherin. Die
EU-Kommission unterstütze das Projekt mit 200 000 Euro. "Seine Umsetzung
ist nie in Frage gestellt worden", erklärte sie.
Völkermord ist andauerndes Politikum
Ersten
Verhaftungen armenischer Intellektueller in Istanbul waren 1915
Deportationen und Vernichtung gefolgt. Schätzungen zufolge kamen 800 000
bis 1,5 Millionen Angehörige der christlichen Minderheit im Osmanischen
Reich ums Leben. Die Türkei als dessen Nachfolger sieht im Begriff
Völkermord eine ungerechtfertigte Anschuldigung.
Seit je her
wehren sich türkische Regierungen gegen die Anerkennung der Schuld am
Genozid. Im vergangenen Jahr hatten Bundespräsident Joachim Gauck und
Bundestagspräsident Norbert Lammert, die Armeniermassaker als Völkermord
bezeichnet – und damit bereits für Missmut bei der türkischen Regierung
und Präsident Recep Tayyip Erdogan gesorgt.
In Zeiten, in denen
die EU – und insbesondere Deutschland - auf die Türkei als Partner
angewiesen sind, will man diesen nicht weiter provozieren: Kritikern, die der EU vorwerfen, sie "kusche“ vor Erdogan, ist das wohl Wasser auf die Mühlen.
Quelle
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