Montag, 20. Mai 2013

Gottesfriede als Geistesfrucht

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Wir feiern Pfingsten, also die Sendung des Heiligen Geistes fünfzig Tage nach Ostern. Dass wir den Frieden, den uns der Heilige Geist bringt, oft mit dem Frieden des Gewissens verwechseln, führt Otto Weber in seiner Dogmatik aus (Grundlagen der Dogmatik, Bd. 2, 1962, S. 281):
Jesu Christi versöhnendes Werk ist die Aufrichtung des Friedens. Das heißt: in Jesus Christus und kraft dessen, was er getan und erlitten hat, ist zwischen dem Menschen und Gott alles „in Ordnung“. Das ist bedingungslos geschehen und bedarf keiner ergänzenden Handlung. Wir „haben“ Frieden mit Gott, so lesen wir Röm. 5,1. Gott hat kein halbes Werk getan. Darum steht der „Friede“ in Parallele zum „Leben“ (Röm. 8,6) und in absolutem Gegensatz zur „Feindschaft“ (Röm. 5,10, aber auch Eph. 2,14-17). Gottes Königsherrschaft ist, ohne Bedingung, „Gerechtigkeit, Friede, Freude im Heiligen Geist“ (Röm. 14,17). Ähnlich klingt es uns 1. Kor. 7,15; 2.Tim. 2,22 und Jak. 3,18 entgegen. Gott ist der „Gott des Friedens“, so hören wir es aus Röm. 15,33; 16,20; 2. Kor.13,11; 1. Thess. 5,23; Phil. 4,9; Hebr. 13,20 heraus. Das Evangelium ist die Botschaft des Friedens (Apg. 10,36; Eph. 2,17; 6,15; vgl. Jes. 52,7). Der „Friede“ ist Wirklichkeit, weil er der Gottesfriede ist, der über allen νοῦς hinausgeht (Phil. 4,7). Er ist die uns betreffende Wirklichkeit, insofern er zur „Frucht“ des Geistes gehört (Gal. 5,22). Der Geist macht den Frieden Gottes bei uns und unter uns zur Realität.
Der heutige Leser des Neuen Testaments geht, wie man annehmen muss, über derartige Bekundungen einigermaßen befriedigt hinweg. Er bezieht sie gern auf den „Frieden des Gewissens“, auf eine Innerlichkeit, die das Äußerliche und damit auch das Mitmenschliche wenig berührt. Wie wenig eine solche Auffassung dem Neuen Testament entspricht, zeigt schon ein Blick auf 1. Kor. 14,33. Gott ist nicht ein Gott der „Unordnung“, sondern des „Friedens“. Da geht es offenbar, wie der Zusammenhang zeigt, um die Mitmenschlichkeit. Die Innerlichkeit – das Neue Testament spricht vom Frieden des Gewissens überhaupt nicht – tritt gegenüber dem zurück, was in der Gemeinde geschieht. Ist sie die versöhnte Gemeinde, so hat in ihr die Feindschaft ein Ende. Das gilt für die „Feindschaft“, die der „Zaun“ bewirkte: für die aus dem Gesetz sich herleitende Feindschaft zwischen Juden und Heiden (vgl. Eph.2,14ff.).
In ihr prallte der neue Aion handgreiflich auf den anderen. Nun aber, da „er (Christus) unser Friede“ ist (Eph. 2,14), haben beide in „einem Geiste“ den „Zugang“ „zum Vater“ (Eph. 2,18)! Von daher ist Gal. 3,28 zu verstehen, im Rückblick. Die „heilsgeschichtlich“ bedingte Trennung ist aufgehoben – es ist Versöhnung geschehen, Friede geschafft. Aber Gleiches gilt nun auch innerhalb der heilszeitlichen Gemeinde. Die Apostel leiten die Paränese zum zwischenmenschlichen Frieden (Röm. 12,18; Hebr. 12,14) offenbar nicht aus allgemein-humanitären Motiven, sondern aus den „Erbarmungen Gottes“ (Röm. 12,1), aus der gewährten „Gnade“ (Hebr. 12,15) her, und die Grenzenlosigkeit der Liebe, die auch den Feind nicht übergeht (Matth. 5,43 ff. und Röm. 12,14.20), wurzelt in der Grenzenlosigkeit der dem Menschen in Christus geschenkten Liebe, die den Menschen als Feind erreicht (Röm. 5,10).

Theo-Blog


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