Mittwoch, 8. Mai 2013

Türkischer Politiker: Kein Kreuz im Gericht

...
München (idea) – „Weg mit dem Kreuz“ hat ein türkischer Parlamentarier gefordert, der am Prozess gegen ein mutmaßliches Mitglied des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), Beate Zschäpe, und vier weitere Angeklagte in München als Beobachter teilnimmt. Der türkische Abgeordnete Mahmut Tanal stört sich daran, dass im Sitzungssaal des Oberlandesgerichts ein Holzkreuz hängt. Medienberichten zufolge begründet er seine Forderung damit, dass das christliche Symbol einen Verstoß gegen die Prinzipien des säkularen Rechtsstaats darstelle und von Nichtchristen als Bedrohung aufgefasst werde. Acht der zehn Ermordeten waren Muslime. Tanal, der der Oppositionspartei CHP angehört, war bei der Prozesseröffnung am 6. Mai im Gerichtssaal anwesend.
 
 
Bisher kein Antrag auf Entfernung des Kreuzes
 
Auf Anfrage der Evangelischen Nachrichtenagentur idea (Wetzlar) erklärte die Pressesprecherin des Oberlandesgerichts, Andrea Titz, dass Kruzifixe in bayerischen Gerichtssälen üblich seien. Die Rechtmäßigkeit sei vom Bundesverfassungsgericht 1973 bestätigt worden. Wenn das Kruzifix abgehängt werden solle, müsse ein entsprechender Antrag gestellt werden. Darüber entscheide dann der Vorsitzende Richter. Ihres Wissens sei bisher jedoch kein Antrag auf Entfernung des Kreuzes eingereicht worden, sagte Titz.
 
 
Bischof: Religion ist keine bloße Privatsache
 
Der Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm (München), wies die Forderung Tanals zurück. Das Kreuz bedrohe niemanden und schließe niemanden aus, sagte er gegenüber idea. Es sei „nicht nur ein christliches Symbol, sondern auch ein Symbol der Verletzlichkeit des Menschseins“ und passe deswegen gut in einen Gerichtssaal. Es tue jedem Staat gut, an die Grundlagen von Menschenwürde, Toleranz und Humanität erinnert zu werden. Religion sei keine bloße Privatsache, sondern habe auch eine öffentliche Bedeutung. Der Sprecher der (katholischen) Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp (Bonn), erklärte der „Bild“-Zeitung: „Das Kreuz gehört dahin, wo es hängt: in den Gerichtssaal.“
 
 
Evangelischer Arbeitskreis: Bitte keinen Verrat an den Grundwerten
 
Der Vorsitzende des Evangelischen Arbeitskreises des CSU-Bezirks München, Jürgen Steffan, lehnt die Forderung Tanals ebenfalls ab. Sie beruhe „auf einer großen Unkenntnis über die Bedeutung des Kreuzes“, sagte Steffan gegenüber idea. Das Symbol erinnere daran, dass Jesus Christus zur Vergebung der Sünden gestorben und am dritten Tag von den Toten auferstanden sei und jetzt zur Rechten Gottes sitze. „Was soll daran bedrohlich sein?“, so Steffan. Seiner Ansicht nach wäre es „ein Verrat an den Grundwerten unseres Staates“, wenn das Gericht einem möglichen Antrag auf Entfernung des Kreuzes nachgeben würde. Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, sieht keinen Grund, das Kreuz abzunehmen: Es sei gut, im Gericht daran erinnert zu werden, dass Nächstenliebe und Toleranz zu den christlich-abendländischen Wurzeln der deutschen Gesellschaft gehörten.
 
 
Das Kreuz war schon einmal weg
 
Mitte April hatte das Kreuz im Sitzungssaal für den NSU-Prozess schon einmal für Aufsehen gesorgt. Während der Renovierung des Saales war das christliche Symbol abgenommen und nicht unverzüglich wieder aufgehängt worden. Daraufhin gab es einen Proteststurm. Die stellvertretende CDU-Vorsitzende Julia Klöckner – auch Mitglied des Zentralkomitees der Katholiken in Deutschland – warf dem Gericht einen „vorauseilenden Gehorsam“ vor. Das Kreuz sei „Ausdruck unserer Kultur“. Zu den Grundlagen der Rechtsprechung gehörten das aufgeklärte Christentum und das christliche Bild vom Menschen.
 
 
...

Keine Kommentare: